Volksmusikfragen

«Lüpfig», urchig, volkstümlich – Das ist Volksmusik!

Die Fernsehsendung Für Stadt und Land bringt ab 1962 mit ihrem volksmusikalischen Unterhaltungsprogramm in regelmässigen Abständen (alle drei bis vier Wochen) traditionelle Schweizer Musikkultur in die Wohnzimmer von Herrn und Frau Schweizer. Doch was ist das Ziel der von Wysel Gyr moderierten Volksmusiksendungen und wie wird Volksmusik in Für Stadt und Land dargestellt bzw. was zeichnet dieses Musikgenre in den Sendungen aus?

Mit ihren vielfältigen Beiträgen und Sendungsformaten gestaltet sich Für Stadt und Land für die damalige Zeit äusserst modern und innovativ. Die Fernsehzuschauer*innen bekommen in jeder Folge ein neues Programm ausgelesener Musikensembles zu sehen. Hin und wieder werden ihnen aber auch Filme, kurze Beiträge zu einem spezifischen kulturellen Thema oder einer Region resp. Ortschaft gezeigt. Neben den Studioaufnahmen sind im Verlaufe der Zeit immer häufiger auch auswärtige Sendungen produziert worden, die entweder in einer Gaststätte, in einer pittoresken Umgebung oder an einem Ort besonderer kultureller Bedeutung aufgenommen wurden. Selbst wenn eine Für Stadt und Land Sendung aus dem Fernsehstudio moderiert wird, werden nicht selten einzelne Beiträge eingeblendet, in denen auf einem Dorfplatz unter freiem Himmel musiziert und gesungen wird.

In Wysel Gyrs Fernsehformat soll Schweizer Volksmusik den Zuschauer*innen sowie allen Mitwirkenden in erster Linie Freude bereiten.1 Darüber hinaus bietet Für Stadt und Land aber ebenso eine mediale Plattform, um dieses Musikgenre normativ zu verhandeln. Diese Auseinandersetzung mit dem volkstümlichen Genre leistet ihren Beitrag zu dessen Kanonisierung. Tatsächlich verknüpft Gyr in seiner Moderation wie auch mit den von seiner Redaktion ausgewählten Künstlerinnen und Künstlern und Musikgruppen bestimmte Werte und Anforderungen, welche die jeweiligen Auftritte zu erfüllen haben.2 Dabei stehen Werte wie Bodenständigkeit, Gemütlichkeit oder Traditionalismus im Vordergrund.

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Brief von Wysel Gyr an Herrn Gries, vom 17.1.1969 (→ zum Text).

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«Echte» Volksmusik – nur wenn Instrumente, Interpreten und Inszenierung stimmen.

Dabei wird Volksmusik klar von der sogenannten Unterhaltungsmusik abgegrenzt, die vermehrt als minderwertig beurteilt wird.3 Hinzu kommt, dass einige Instrumente als volkstümlicher, ja sogar authentischer betrachtet werden, als andere – obwohl Gyr betont, Volksmusik werde auf vielen Instrumenten praktiziert. Ähnliches gilt für die Musikformationen: Ländlerkapellen, Handorgelduette oder Jodlerclubs gehören zu den typisch volkstümlichen Musikgruppen, welche immer wieder in Für Stadt und Land anzutreffen sind, während etwa Instrumente wie die Mundharmonika oder das Klavier viel seltener vorkommen. Selbstverständlich gibt es in der Schweizer Volksmusik wie in anderen Musikszenen auch anerkannte Namen, Spitzeninstrumentalisten und ausserordentliche Talente.4

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Ein ernstes Spiel in heiterer Runde: Die Jury entscheidet über die «echte» Volksmusik.

Diese im Fernsehen wiederkehrenden Namen setzen Massstäbe, an welchen man sich gerne misst und, die Hobbymusiker*innen als Vorbilder dienen sollen. Verpackt in einem unterhaltsamen musikalischen Sendungsprogramm werden demzufolge weitgehend unausgesprochen Normen und Grenzen der Schweizer Volksmusik festgelegt.

 

(AN)

Anmerkungen

1 Für Stadt und Land – Musikalische Unterhaltung, Episoden und Müsterchen anlässlich des 10-jährigen Jubiläums, Sendung vom 18.01.1972 (Ausschnitt); SRF-Medienarchiv FARO.

2 Brief von Wysel Gyr an Herrn Eugster, vom 5.8.1969; SRF-Unternehmensarchiv, Folklore und Heimat/Bestand Wysel Gyr, Korrespondenz.

3 Für Stadt und Land – Juuz à Gogo, Sendung vom 10.6.1968 (Ausschnitt); SRF-Medienarchiv FARO.

4 Für Stadt und Land – 30 Ländlerkönige, Sendung vom 17.12.1979 (Ausschnitt); SRF-Medienarchiv FARO.